Reisen

Die Reise gleicht einem Spiel; es ist immer Gewinn und Verlust dabei und meist von der unerwarteten Seite.

So wie es schon Wolfgang Goethe schrieb, gewinnt und verliert man mit jeder Reise etwas. Im besten Fall gewinnt man an Erfahrung und Wissen und verliert so manches Vorurteil. In jedem Fall ist Reisen kein Urlaub und nicht immer erholsam und spannend. Umso wichtiger ist es zu wissen worauf man sich einlässt und wenn nicht schon vorhanden, entwickelt man halt eine gewisse Resilienz während der Tour.

Bei allen Anstrengungen ist Reisen aber auch wirklich spannend und macht ganz viel Spass, daher fangen wir mit den persönlichen Gewinnen unserer Reisen an.

Der größte Gewinn während unserer Reisen sind die vielen Begegnungen mit so unterschiedlichen Menschen entlang unserer Route. Manche Begegnungen waren kurzweilig, einige dauerten länger an und andere mündeten in Freundschaften. All diese Begegnungen haben ihren Reiz. Glücklicherweise erlauben uns die technischen Errungenschaften unserer Zeit mit vielen unserer Begegnungen den Kontakt zu halten und die Begegnungen so zu verlängern.

Lasst mich hier zwei Anekdoten zur unseren Begegnungen preisgeben..

Die erste handelt von Nadia und Ahmad, welche uns auf Hay Island in New Brunswick ansprachen und fragen ob wir schon gegessen hätten, da wir schon gegessen hatten, lehnen wir ab. Die Antwort von den beiden kommt prompt und sie meinen, dass sie in einer Stunde wieder zurück sind. Wir denken uns nichts dabei und geniessen den Abend. Eine Stunde später sind sie wieder da und übergeben uns ein Kanada Starter Paket. Welche eine freudige und unerwartete Überraschung die wir in der Tat sehr gut gebrauchen können.

Die zweite Anekdote handelt von dem deutschen Fahrradfahrer Paar Sabine und Uwe, AKA Glorypedalling.com. Wir trafen sie das erste mal zwischen dem Bryce Canyon und dem red Canyon in Utah. Nach einem kurzen Schnack bei 35°C und der Übergabe zweier Äpfel trennen sich unsere Wege wieder. Aber nicht für lange. Einige Wochen später überholen wir sie in einer staubigen Baustelle auf der Baja Californier um Ihnen dann am Abend in Loreto ein weiteres mal über den Weg zu laufen. Nichts ahnend überholen wir Wochen später 2 Fahrradfahrer*innen im Hochland Mexikos und siehe da es sind wieder Sabine und Uwe. Von da an trennen sich unsere Wege, die Beiden kehren in die Heimat zurück und wir suchen unser Glück in Südamerika. Gute 10 Monate später, wir fahren gerade am Bodensee entlang, klingelt unser Telefon. Sabine teilt uns aufgeregt mit, dass wir gerade an Ihnen vorbei gefahren sind, also schnell einen U-Turn inkl. Blitzer gefolgt von einem freudigen Wiedersehen und einer schönen Zeit bei Kürbissuppe.

Als nächstes folgt die gemeinsame Zeit die wir miteinander Verbringen dürfen. Dies ist eine grandiose zweiseitige Münze. Während dieser Reise leben wir 24/7 auf 2,5qm zusammen. Dies ist auf der einen Seite ein Gewinn und wunderbar, auf der anderen Seite auch eine wirkliche Herausforderung, dazu aber später mehr. Warum aber ist es so wunderbar? Man lernt sich so noch intensiver kennen und lieben.

Gelassenheit und Dankbarkeit, mittlerweile sind wir für jede öffentliche Toilette oder Möglichkeit einer heißen Dusche sehr dankbar und bleiben gelassener wenn sie optisch aus einem Horrorfilm oder dem Mittelalter zu stammen scheinen. Die Variationen der Toiletten gleicht dem Alphabet und begann mit Abstossend über Luxuriös und endete in Zumutung. Auch sind wir aufgrund unserer Eindrücke und eigenen Erfahrungen umso dankbarer um unsere Gesundheit. Dies wurde uns so richtig klar als wir uns auf der Reise selbst verletzten und wir die unzähligen kranken und gebrochenen Menschen auf den Strassen dieser Welt, ausserhalb der schönen heilen Touristenzentren sahen.

Eindrücke, die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen welche wir auf den einzelnen Kontinenten ihren Ländern und Regionen gesammelt haben, werden uns für die ganz große Reise, unser Leben, prägen. Wir durften traumhafte Landschaften, einzigartige Naturschauspiele, wilde Tiere, andere Kulturen und Sichtweisen auf das Leben kennenlernen besuchen und erleben.

Kommen wir zu den Verlusten…

Zu den größten Verlusten gehören für uns eindeutig Freunde, Familie und soziale Kontakte. Zwar hatte ich oben geschrieben das wir viele Menschen kennenlernen durften und dafür sind wir auch sehr dankbar. Echte Freundschaften und die Familie ersetzen diese Bekanntschaften jedoch nicht und gerade an Feier- und Geburtstagen fehlen uns unsere Lieben Zuhause sowie einige der lieb gewonnenen Rituale. An diesen Tagen ist es schwer sich über unsere Freiheit zu freuen und die Reise zu genießen. Oft denkt man das geht nur einem selbst so, je mehr man sich auch über die Schattenseiten mit anderen Reisenden austauscht, umso eher merkt man das es ganz vielen so geht. Im besten Fall erfährt man auch wie die anderen damit umgehen und kann für sich persönliche Lösungen ableiten.

Ein Weiterer Verlust ist die Privatsphäre, diese bleibt auf 2,5qm leider auch auf der Strecke. Zwar Duschen wir ausserhalb des Fahrzeugs, jedoch nutzen wir unsere Toilette im Fahrzeug regelmäßig. Dies führt zu folgender Situation. Wenn einer von uns nachts auf Klo muss, schaut der andere von oben, dreht sich weg oder wartet draussen. Dies ist bei kurzen Trips oder zu Anfang noch recht lustig, auf Dauer aber irgendwie auch ein wenig verstörend und nervig. Wenn wir schon beim Klo sind, dies muss auch mal geleert werden. Je nachdem welches Geschäft erfolgte ist das für denjenigen der es leert nicht immer eine Freude und für den der das Geschäft abschloss manchmal ein wenig peinlich.

Ein weiterer Aspekt im Bezug auf die Privatsphäre ist der fehlende Raum zum ausweichen. Gerade wenn es mach Kracht und das passiert unweigerlich, ist kein Raum vorhanden um sich aus dem Weg zu gehen und abzureagieren. Das kann die Konflikte unter Umständen auch noch verschärfen. Wir versuchen dann entweder auf den Fahrersitz oder in das Bett auszuweichen, das klappt aber auch nur bedingt.

Tip: Eines solltet ihr dabei aber stets berücksichtigen, verfolgt keine Pläne und Ziele. Wenn ihr eure Reise Planen wollt, reduziert dies auf ein für euch mögliches minimum mit dem ihr euch noch wohl fühlt.

Fazit: Reisen ist nicht immer einfach, es ist kein Urlaub und verlangt dem/der Reisenden neben vielen Eindrücken auch einiges ab. Es gibt nicht die richtige Art zu Reisen, es gibt nur eure Art zu reisen.

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